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10. Oktober 2007, 00:33

Nachruf Japan 2007

Altes japanisches Kaufhaus und Lampions

Was ist nach einer Woche "Wiedereingliederung" noch übrig? Eine ganze Menge - vor allem aber Sehnsucht nach dem ganz anderen Land! Aber das Gewöhnen an die ehemals gewohnte Umgebung hat mir nochmals einige Unterschiede der beiden Mentalitäten aufgezeigt.

Die japanische Seele

... wird mir trotzdem ein Rätsel bleiben. Ich möchte euch aber meinen Eindruck nicht vorenthalten:

  • Bahnfahren: In Japan tummeln sich eindeutig mehr Leute auf weniger Raum. Trotzdem musste ich nie die Lebensgeschichte der einzelnen Personen mit anhören. OK, ich hätte sie ohnehin nicht verstanden, aber es war in japanischen Zügen einfach leiser. Zum einen, da viele der Fahrgäste ein Nickerchen machten - und immer genau am Zielbahnhof aufwachten - zum anderen, da sie darum bemüht waren, andere nicht zu stören.
     
  • andere Seite: Nicht nur, dass man in Japan auf der linken Straßenseite fährt, nein, alles scheint genau anders herum zu funktionieren. Auf der Rolltreppe steht man brav links und nicht rechts, damit die, die es eilig haben, vorbeigehen können. Die Klotür wird anders herum zugesperrt und auch einer entgegenkommenden Person weicht man - entgegen zumindest meines Empfindens - links aus. Sonst steht man sich von Angesicht zu Angesicht gegenüber und versucht es auf der anderen Seite - mit demselben Erfolg.
     
  • Fahrrad: Es gibt zwar eigene Fahrradwege, es wird aber auch am Gehsteig gefahren und am Fahrradweg gegangen.Soweit die Ähnlichkeit zu unseren Sitten. Aber: In Japan wird von der Klingel wenig Gebrauch gemacht. Um eben diesen vermeiden zu können, scheinen viele ihre Bremse so modifiziert zu haben, dass man es hört, wenn hinter einem gebremst wird. Und das bedeutet dann: es ist so etwas von überhaupt keinem Platz mehr. Denn wenn irgendwie möglich wird vorbei gefahren. Sicherheitsabstand? Fremdwort! Aber - und das erstaunt mich - ich habe keinen einzigen Unfall gesehen. Das andere Kuriosum beim Fahrrad: Die Lampe ist nicht vorne, sondern rechts auf der Gabel montiert. Bei allen Rädern.
     
  • Helme: Wenn auch nicht immer korrekt aufgesetzt, scheinen sie eine begehrte Schutzkleidung zu sein. Da wäre etwa der Gärtner, der im Park die Hecken und Blumen spritzt - geschützt durch einen leger aufgesetzten Helm.
     
  • Gras: Es gibt Orte, an denen wird sorgfältigst ausgezupft, wenn auch nur ein Grashalm hervorschaut. Die Böden sind dann von Moos - oder im Zen-Garten von Kiesel - überzogen. Es hat für mich den Anschein, dass dieser Umstand Gepflegtheit konnotieren soll. Denn Gras wächst immer und überall und wenn keines da ist, muss es vor kurzem jemand ausgezupft haben!
     
  • Schneuzen: gibt es nicht. Man wird ganz schief angeschaut, wenn man es trotzdem tut.
     
  • Essen und trinken sollte man sich während des Gehens auch verkneifen.
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Getränkeautomat

Ist Japan andersleben-konform?

Das ist eine - für mich - schwer zu beantwortende Frage. Nicht nur, dass ich nicht annähernd lange genug in Japan war, um mir solch ein Urteil anzumaßen. Ich habe ja obendrein selbst sehr wenig danach gelebt. Gut, ich bin zwar - notgedrungen - nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren, aber was meinen Getränke-Konsum angeht, habe ich ob der Hitze sehr stark auf die Halbliter-Flachen aus den Automaten gesetzt.

Einen zweiten Blick könnte man aber auch auf das "Müll-Verteilungs-Prinzip" werfen, das wir in Tokyo gesehen haben. Vorausgesetzt man findet überhaupt einen Mistkübel, kann man durchaus folgende Kuriosität beobachten: Obwohl es für Plastikflaschen und Dosen zwei getrennte Öffnungen gibt, die auch als solche ausgewiesen werden, fallen die eingeworfenen, leeren Behältnisse in denselben Müllsack.Das macht nicht nur die vorherige Trennung sinnlos, es sagt wohl auch etwas darüber aus, wie mit dem Müll verfahren wird...

Detaillierte Berichte zu meiner Reise könnt Ihr hier lesen:

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Kommentare

10. Oktober 2007, 02:49 Mülltrennung

von: Manu, http://noshadows.blogspot.com

In Österreich sind wir wohl leider (/glücklicherweise) recht verwöhnt was die Müllproblematik angeht. Verglichen mit anderen Ländern sollte ich mir ja schon schlecht dafür vorkommen, dass ich mich jedes mal beim Thalia ärgere, dass ich nicht gefragt werde, ob ich ein Sackerl brauche.
Ein Bekannter von mir studiert gerade in Kyoto. In seinem Blog hat er vor ein paar Wochen geschrieben, dass er beim Bäcker, als er mehrere Teile gekauft hat, jedes Teil einzeln in ein Plastiksackerl gepackt bekommen hat und alles zusammen wieder in ein Gemeinschaftssackerl gegeben wurde.
Aus Großbritannien hab ich auch keine besseren Erfahrungen. In dem Studentenheim, in dem ich damals wohnte, wurde gerade mal Glas aussortiert. Für den Rest musste man in die Verwaltung gehen und Container zum Mülltrennen beantragen (und wie viele 17-jährige, die gerade flügge geworden sind und hauptsächlich an first-year-pub-crawls denken, tun das wohl?). Auch in den Privathaushalten hab ich auf diesbezüglichen Fragen die Antwort bekommen, dass die Container zum Mülltrennen 3x so weit entfernt stehen wie der Restmüll-Container, und dass man daher nicht die Lust zum Mülltrennen hat. Da lernt man zumindest, was man am eigenen Land hat (trotz des Kulturschocks, den ich beim Zurückkommen bei meiner ersten Busfahrt in Salzburg auch hatte - der Kulturschock kommt wohl immer erst, wenn man wieder zurück ist). Auf jeden Fall Danke für deine interessanten Reiseberichte! Finde ich immer sehr spannend, über die Eindrücke aus einer völlig anderen Kultur zu lesen.

Kommentare

11. Oktober 2007, 00:05 Sackerl außer Rand und Band

von: CwB, www.andersleben.at

Da hast du wieder eine Erinnerung an Japan geweckt! Nicht in Kyoto, sondern in Nara war es bei mir - ist aber nicht so weit voneinander entfernt! ;-)

Dort waren wir in einer Bäckerei mit einer netten Bedienung - und die hat auch jedes Produkt einzeln und dann nochmals alles gemeinsam eingepackt. Ja, ja, das kann ich bestätigen.

Ich habe auch schon oft gelesen und auch teilweise beobachten können, dass Japaner Meister im Ver- und Einpacken sind. Vor allem wenn es sich um Omiyage, Mitbringsel von Reisen, handelt...