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03. Februar 2009, 12:34

Brave new World - der Mensch am Chip

von: Sári, www.naginata-austria.at

Es ist soweit, hier ist sie:

die Bürgerkarte

Ich hatte immer gehofft, so was gäbe es nur im science-fiction oder in diversen Verschwörungstheorien von Orwell & Co.
Mir persönlich sind schon die Bankomatkarte, Onlinebanking und SV-Karte zu viel. Und ich frage mich, was wäre wenn ein Mensch einfach sagt: ich will das alles nicht. Was passiert dann? Ist eine individuell selbstständige Geldverwaltung (z.b. daheim im Safe) heute überhaupt noch möglich? Ohne Bank?

"Der Mensch" auf einer Chipkarte im Superkapitalismus. Man beachte die Marketingtechnische „Verpackung“ auf der Seite, die ethisch wie juristisch hoch bedenklichen, unverbindlichen, teils nichts sagenden Formulierungsweisen. So etwa bei der Frage wer auf die Daten auf dem Chip zugreifen kann: Zitat: Diese Frage kann nicht pauschal beantwortet werden..

weiters:

Das österreichische Signaturgesetz (SigG) legt fest, dass eine elektronische Signatur unter bestimmten Voraussetzungen die Anforderung einer eigenhändigen Unterschrift erfüllt. Sind diese Voraussetzungen gegeben, dann ist jenes Maß an Sicherheit gewährleistet, um die Fälschung elektronischer Signaturen zu verhindern. Darf ich anmerken? Fälschungssicher ist nichts. Fragen Sie jene Personen die Verschlüsselungen programmieren.

Angenommen, die oben zitierte Eigenhändigkeit der Unterschrift repräsentiert die Willens- und Entscheidungsfreiheit des Individuums, reden wir dann noch von einem freien Menschen? Sollte uns nicht der Verstand bereits lange bewiesen haben, dass wir hoch unfrei sind? Und warum nehmen wir alles hin, dass man uns vorsetzt?
Der Terminus unter bestimmten Voraussetzungen wird weiters nicht näher bestimmt, ebenso wenig, was das österreichische Signaturgesetz unter der Definition der Sicherheit versteht. Mein Verstand sagt mir, dass die Sicherheit und Integrität des Einzelnen niemals mit den Sicherheitsbestimmungen des Staates konform gehen kann. Auf diesem Prinzip würde kein Staat funktionieren, er würde mit den Interessen des Menschen kollidieren. Ich frage mich also, wessen Sicherheit gemeint ist.

Detail am Rande zur Freiheit und der Demokratie (dessen Macht vom Volk auszugehen scheint): nur weil wir ein- bis zweimal im Jahr einen Stimmzettel abgeben, sind wir nicht entscheidungsbefugt und auch nicht frei. Wir haben auch keine Kontrolle darüber, wie die Stimmen auszählt werden.

Dazu passend die visuelle Deklaration. => ein lachend, jubilierender, (pseudo-) freier Mensch, hoch springend in mitten von Schmetterlingen....... Hallo?
(Und da ich weis, dass hier einige Grafiker/innen mitlesen, würde mich deren Meinung zu einer solchen Verpackung doch sehr interessieren - warum machen Grafiker bei so was freiwillig mit?)

Anekdote am Schluss: Im Film "The dark Knight" wurde von Batman (stellvertretend für den reichsten und mächtigsten Mann der Welt, der die Finanzlobby um sich versammelt um den Staatsanwalt zu sponsoren, der wiederum das Finanzwesen schützt), ein globales Sonar gebaut um jeden Menschen zu überwachen - wie ironisch.
Weis jemand, wie der Schauspieler, der den Joker gespielt hat, umgekommen ist?

Brave new World oder auch 1984 v. Orwell, its reality.

Kommt das jemanden seltsam vor? Ich würde mich über einen Meinungsaustausch freuen.
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Kommentare

03. Februar 2009, 13:22 mitmachen wollen oder müssen

von: CwB, andersleben.at

Warum Grafiker bei so etwas mitmachen, kann man meines Wissens nicht pauschalisieren. Ich denke, da spielen viele unbewusste Faktoren mit, die man nicht per Ferndiagnose feststellen kann. Ein paar Ansätze, dies zu erklären hätte ich allerdings schon...

Manche sehen vielleicht nichts schlechtes an der Bürgerkarte und ihr vornehmliches Ziel ist, sich mit Ihrer Arbeit zu verwirklichen. Einfach gesagt: Sie möchten den Menschen etwas Schönes schenken, aufdass sie dafür Lob und Anerkennung ernten. Manche identifizieren sich vielleicht auch mit den verfolgten Zielen und möchten diese unterstützen.

Anderen wiederum mag die Vorstellung, für so etwas zu werben, widerstreben - aber sie benötigen das Geld. Würde es ihnen freistehen, würden sie einen solchen Auftrag ablehnen.

Wieder andere könnten versuchen das Ganze ins Lächerliche zu ziehen, um die Leser zum Denken zu animieren. Ich denke, dass es sich bei der Bürgerkarten-Seite um ein Beispiel hierfür handelt.

Visuell betrachtet wird eine dermaßen überzeichnete Freude kommuniziert, dass kein Mensch auf die Idee kommen wird, es für plausibel zu erachten, dass diese auf den Besitz der Karte zurückzuführen ist. Meiner Meinung nach ist die Wirkung eher, dass sich die Leser mit der Thematik beschäftigen - egal ob bewusst oder unbewusst. Die wachsende Kontrolle durch eine solche Karte auf der einen Seite - die übertriebene Freude darüber auf der anderen. Dann müssen wir nur noch darauf vertrauen, dass jeder Leser die für ihn passende Kritik daran findet. Vielleicht wehrt er sich dann dagegen.

Kommentare

04. Februar 2009, 11:01 nachtrag

von: Sari

Weiters gefunden:

"Die Bürgerkarte kann auch mit Vollmachten ausgestattet sein. Vollmachten benötigen Sie dann, wenn Sie Rechtsgeschäfte für andere Personen abschließen"

Auch wenn diese Karte als nützlich dargestellt wird, sollte man nicht vergessen dass man mit einer solchen all seine persönlichen Daten preisgibt und man bei allen schönen Worten tatsächlich keinen Einfluss und Einsicht darüber hat, was mit diesen geschieht.

Eine Sozialversicherungskarte also, auf deren Chip alle Bank- und Sozialversicherungs-, wie Studiendaten; darüber hinaus digitale Signaturen wie ganze Vollmachten gespeichert werden können.

Kommentare

04. Februar 2009, 13:47 Marketing-Trick

von: CwB, andersleben.at

Meiner Ansicht nach handelt es sich um einen Marketing-Trick. Die Karte soll Aktionen einfacher gestalten. Diesen Vorteil stellt man so stark in den Vordergrund und erwähnt die Tatsache, dass persönliche Daten gespeichert werden, bestenfalls nebenbei. Diese kleine Information wird dann kaum wahrgenommen und man freut sich über die Leichtigkeit des Seins - ohne darüber nachzudenken, dass es manches Mal von Vorteil ist, den beschwerlicheren Weg zu gehen.

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